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  Ausgabe 1 (2005)

Dermatotherapie
Topische Therapie mit Pimecrolimus

Viele Argumente sprechen für eine hohe Wirksamkeit und Sicherheit


Die Calcineurininhibitoren Pimecrolimus und Tacrolimus haben nach 50 Jahren erstmals ein neues Wirkprinzip zur Behandlung entzündlicher Hautkrankheiten eröffnet. Im Rahmen eines Symposiums während der 9. GD-Jahrestagung am 14. und 15. März 2005 in Wien wurden vielfältige Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit insbesondere von Pimecrolimus präsentiert. Demnach sprechen viele Argumente für diese innovative und wirksame Therapie, für die sich künftig neben dem atopischen Ekzem noch weitere Indikationsgebiete eröffnen könnten.
Dr. Frank Kalthoff, Wien, verglich die Effekte von Glukokortikoiden und Pimecrolimus auf dendritische Zellen. Diese haben eine zentrale Bedeutung für das Immunsystem, weil sie als Antigen-präsentierende Zellen die angeborene mit der erworbenen Immunität verbinden. Sie sind sowohl für Immunantworten als auch für die Vermittlung von Toleranz durch das Immunsystem bedeutsam.

In einer Studie induzierten Dexamethason und Betamethason eine deutliche Apoptose der Vorläuferzellen der dendritischen Zellen. Bei den überlebenden dendritischen Zellen wurde die Differenzierung mit den typischen Oberflächenmarkern CD1a, CD40 und CD80 durch Glukokortikoide fast komplett gehemmt, während eine hundertfach höhere Konzentration von Pimecrolimus die Differenzierung der dendritischen Zellen nicht erkennbar beeinträchtigte.

Außerdem blockierten die Glukokortikoide im Gegensatz zu Pimecrolimus die Sekretion des Zytokins IL-12, das für die Differenzierung der Th1-Zellen erforderlich ist. Kalthoff schloss daraus, dass Pimecrolimus im Unterschied zu den Glukokortikoiden die Funktion der dendritischen Zellen nicht beeinflusst, sondern selektiv auf T-Zellen und Mastzellen wirkt.

Langerhanszellen unbeeinflusst

Professor Dr. Adelheid Elbe- Bürger, Wien, untersuchte die Wirkungen von Glukokortikoiden und Pimecrolimus auf Langerhanszellen – Antigenpräsentierende Zellen der Epidermis – und kam dabei zu ähnlichen Ergebnissen. An Mäusen wurden nach nur zweimaliger Applikation von Hydrocortison oder Clobetasol apoptotische Langerhanszellen und Keratinozyten gefunden, während Pimecrolimus die Vitalität dieser Zellen nicht beeinflusste. Weitere Untersuchungen zeigten, dass die Glukokortikoide die Ausreifung der Langerhanszellen blockierten.


Professor Dr. Adelheid Elbe-
Bürger

Bei Patienten mit atopischer Dermatitis konnte nach Behandlung mit einem Glukokortikoid eine signifikante Depletion der Langerhanszellen festgestellt werden, nicht aber nach Anwendung von Pimecrolimus. Die Effekte auf Langerhanszellen erscheinen aufgrund ihrer Schlüsselfunktion für das autochtone Immunsystem der Haut bedeutsam.

Wirksame T-Zellaktivierung


Untersuchungen von Dr. Anthony Winiski, Wien, zielten auf die Wirksamkeit gegen entzündliche Hauterkrankungen. Als aussagekräftiges Modell für die klinischen Effekte wurden die T-Zellaktivierung und die Freisetzung entzündlicher Zytokine betrachtet, weil dies wesentliche Faktoren der Pathogenese des atopischen Ekzems, der Psoriasis und anderer entzündlicher Hauterkrankungen sind.

In mononukleären Zellen aus humanem Blut wurde untersucht, wie ein anti-CD3-Antikörper die Produktion der Zytokine TNF-α, IFN- γ, GMCSF, IL-1β und IL-8 stimuliert. Dabei wirkten Pimecrolimus, Tacrolimus, Betamethason und Dexamethason etwa in der gleichen Größenordnung. Schwächer wirkten Cyclosporin A und Hydrocortison.

Im gleichen Testsystem wurde die Hemmung auf die T-Zellproliferation ermittelt, wobei Tacrolimus den stärksten Effekt hatte, gefolgt von Pimecrolimus, Betamethason, Dexamethason, Cyclosporin A und Hydrocortison. Die Hemmung der Zytokinfreisetzung wurde auch in T-Zell-Klonen untersucht, die aus der Haut von Patienten mit atopischer Dermatitis gewonnen wurden. Dabei wurde eine vergleichbare Wirkpotenz von Pimecrolimus und Tacrolimus nachgewiesen.

Außerdem wurde in einem Invitro- Modell die bei chronischen Erkrankungen relativ häufig betrachtete Resistenz gegenüber Glukokortikoiden simuliert. Dabei zeigte sich, dass diese Resistenz durch die Kombination von Glukokortikoiden und Calcineurininhibitoren überwunden werden kann. Demnach könnte eine Kombinationstherapie eine Option bieten, wenn die Monotherapien nicht mehr ausreichen.

Starke Effekte auf Mastzellen
Professor Dr. Torsten Zuberbier, Berlin, untersuchte die Wirkung von Pimecrolimus auf die Mediatorfreisetzung in humanen dermalen Mastzellen und in peripheren basophilen Leukozyten. Diese Zellen sind durch die Expression des IgE-Rezeptors und als Histamin freisetzende Zellen für die Vermittlung allergischer Reaktionen bedeutsam. Darüber hinaus setzen Mastzellen weitere Mediatoren frei, beispielsweise Tryptase und Chymase, denen zunehmend eine pathogenetische Bedeutung bei vielen Hautkrankheiten zugeschrieben wird.


Professor Dr. Torsten
Zuberbier

Durch Vorbehandlung mit Pimecrolimus konnte im nanomolekularen Konzentrationsbereich die Histaminfreisetzung dosisabhängig um bis zu 70 Prozent vermindert werden. Die Wirkung war stärker als die von Cyclosporin A und Dexamethason. Darüber hinaus hemmte Pimecrolimus die Freisetzung von Tryptase und TNF-α, so dass Pimecrolimus nach Einschätzung von Zuberbier derzeit als aktivster verfügbarer Hemmstoff der Mediatorfreisetzung in humanen Mastzellen anzusehen ist.

Kaum Permeation durch die Haut
Dr. Andreas Billich, Wien, führte an Menschen-, Schweineund Rattenhaut Untersuchungen zur Permeation von Pimecrolimus und Tacrolimus im Vergleich zu verschiedenen Glukokortikoiden durch. Während die Penetration in die betroffenen Hautschichten erwünscht ist, sollte die Permeation durch die Haut auf ein Minimum begrenzt sein, um systemische Effekte zu vermeiden.

Die Untersuchungsergebnisse zeigten, dass Pimecrolimus in deutlich geringerem Maß permeiert als Tacrolimus und die mit geprüften Glukokortikoide. Als Ursachen für den Unterschied zwischen den beiden Calcineurininhibitoren werden die lipophilere Struktur und die stärkere Bindung von Pimecrolimus an Hautproteine angenommen.

In-vitro-Untersuchungen an Haut, die mit Glukokortikoiden vorbehandelt wurde, ergaben höhere Permeationsraten als bei normaler Haut, doch blieb der Unterschied zwischen den beiden Calcineurininhibitoren bestehen. Demnach seien auch bei Anwendung von Pimecrolimus auf geschädigter Haut nur sehr geringe Blutspiegel zu erwarten.

Kinetik und Pharmakodynamik
Weitere Unterschiede zwischen den beiden therapeutisch eingesetzten Calicineurininhibitoren beschrieb Universitätsdozent Dr. Josef G. Meingassner, Wien. In Tiermodellen der allergischen Kontaktdermatitis erwiesen sich Tacrolimus und Pimecrolimus sowohl bei topischer als auch bei oraler Gabe in der klinisch manifesten Provokationsphase als hochwirksam.

In dieser Phase waren oral verabreichtes Pimecrolimus und Tacrolimus im Mausmodell dosisabhängig äquipotent wirksam, während die Sensibilisierungsphase — die primäre Immunantwort — nur durch Tacrolimus gehemmt wurde. Im Rattenmodell hemmte Pimecrolimus die Dermatitis, aber nicht die assoziierte Reaktion in den Lymphknoten, während Tacrolimus in niedriger Dosis die umgekehrten Effekte zeigte.

Nach Einschätzung von Meingassner könnten verschiedene Kinetiken und Gewebsverteilungen der Wirkstoffe für diese pharmakodynamischen Unterschiede verantwortlich sein.


Klinische Erfahrungen

Nach den vielfältigen pharmakologischen Aspekten präsentierte Dr. Matthias Bräutigam, Nürnberg, Ergebnisse zur klinischen Wirksamkeit von Pimecrolimus in der Lokaltherapie des atopischen Ekzems. Pimecrolimus- Creme wurde weltweit in klinischen Studien an 19.000 Patienten, davon über 2.500 Säuglinge, untersucht. Seit der Markteinführung im März 2002 wurde das Präparat von etwa sechs Millionen Patienten angewendet.

Die Leitsymptome des atopischen Ekzems, Juckreiz und Schlaflosigkeit, sprechen nach zwei beziehungsweise drei Tagen auf die Behandlung an. Der Anteil der schubfreien Patienten wird bei mildem Verlauf deutlich erhöht, bei mäßigem Verlauf wird der Steroidverbrauch vermindert. Insgesamt werde so die Lebensqualität der Patienten verbessert, erklärte Bräutigam.

Für die Anwendung bieten sich zwei verschiedene Behandlungsstrategien an: Je nach Stärke des Schubes kann reaktiv bei milder bis mäßiger Ausprägung Pimecrolimus und bei stärkerer Ausprägung ein Steroid eingesetzt werden. Alternativ können Patienten im Selbstmanagement bereits bei ersten Anzeichen eines Schubes Pimecrolimus anwenden.


Dr. Matthias Bräutigam

Bräutigam stellte auch Ergebnisse aktueller Untersuchungen mit Pimecrolimus-Creme vor: So wurde mit Hilfe eines neu entwickelten Fragebogens ein günstiger Effekt auf die Lebensqualität der Eltern betroffener Kinder nachgewiesen. Außerdem konnte auch eine Wirksamkeit beim schweren atopischen Ekzem gezeigt werden, wofür das Präparat bisher nicht zugelassen ist. Im Unterschied zu Steroiden, bei denen vielfach ein Reboundeffekt nach dem Absetzen beobachtet wird, wurde nach dem Absetzen von Pimecrolimus-Creme nur eine geringe Zunahme der Symptome, aber kein Anstieg über den Ausgangswert festgestellt.

Zur Anwendungssicherheit wies Bräutigam auf die minimale Resorption von Pimecrolimus hin. Systemische Infektionen würden bei Kindern unter Anwendung von Pimecrolimus nicht signifikant häufiger auftreten als ohne Behandlung. Nur die Rate von viralen Hautinfektionen sei leicht erhöht.

Sicherheit in der Diskussion
Auch nach Einschätzung von Professor Dr. Thomas Luger, Münster, erlauben Calcineurininhibitoren eine sichere und wirksame Therapie. Pimecrolimus führe bei topischer Anwendung weder zu Hautatrophien, noch schädige es die Barrierefunktion der Haut. Außerdem wirke es nicht photokanzerogen, habe keine systemischen Nebenwirkungen und beeinflusse keine Impfreaktionen, sofern es nicht direkt an der Impfstelle angewendet wird.

Auch für Tacrolimus könne nach 12 Jahren Erfahrung an etwa 25 Millionen Patienten eine sehr gute Wirksamkeit und ein günstiges Sicherheitsprofil festgestellt werden. Bei topischer Anwendung würden nur inimale Blutspiegel erreicht. Im Unterschied zu Pimecrolimus trete bei Tacrolimus häufiger ein leichtes Brennen an der Behandlungsstelle auf, das aber nach einigen Tagen wieder abklinge. Bei keiner der beiden Substanzen gebe es Hinweise auf ein erhöhtes Tumorrisiko nach lokaler Anwendung.


Professor Dr. Thomas Luger

Damit trat Luger einer vor kurzem veröffentlichten Warnung der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA entgegen, wonach durch die topische Anwendung der beiden Substanzen die Entstehung von Hauttumoren und Lymphomen möglicherweise begünstigt werden könnte. Für eine derartige Warnung gebe es keinerlei Evidenz. Im Rahmen der zahlreichen klinischen Studien sei die Anwendung keiner der beiden Substanzen mit einem vermehrten Auftreten von Tumoren verbunden gewesen. Eine häufigere Entstehung von Lymphomen sei lediglich in Tierversuchen nach systemischer Gabe von extrem hohen Dosen beider Substanzen beobachtet worden.


Die wenigen unter der topischen Therapie beobachteten Fälle von Lymphomen ließen ebenfalls keinen kausalen Zusammenhang erkennen, da weder das klinische noch das histologische Bild mit dem von Lymphomen übereinstimme, welche üblicherweise bei immunsupprimierten Patienten zu beobachten sind. Außerdem liege die Inzidenz von Lymphomen bei gleichzeitiger lokaler Anwendung von Pimecrolimus oder Tacrolimus um ein Vielfaches unter der in der Normalbevölkerung zu erwartenden Häufigkeit.

Aussichtsreiche Anwendungen
Für die erfolgreiche Therapie des atopischen Ekzems mit Pimecrolimus riet Luger, frühzeitig und lange genug zu behandeln. Mit der Behandlung sollte begonnen werden, sobald erste Anzeichen eines Ekzems aufgetreten sind und eine alleinige Basistherapie mit Pflegepräparaten nicht mehr ausreicht.

Neuere Untersuchungen gehen der Frage nach, ob durch regelmäßige Behandlungen mit Pimecrolimus- Creme im Abstand von ein oder zwei Wochen das Auftreten von Ekzemschüben verhindert werden kann. Außerdem wird der Einsatz bei Kleinkindern und die Anwendung bei anderen Hautkrankheiten untersucht, beispielsweise beim seborrhoischen Ekzem, bei Psoriasis und bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen. Einzelfallberichte sprechen sogar für günstige Effekte bei Lymphomen. Möglicherweise bietet sich auch der Einsatz an anderen Organsystemen, beispielsweise an Auge oder Nase, an.

Zusammenfassend könne die weitere Erforschung der Calcineurininhibitoren mit Spannung verfolgt werden. tmb/jk

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