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  Ausgabe 1(2007)

Dermatotherapie
Europatagung der ISPOR in Kopenhagen

Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln im internationalen Vergleich


Bericht von Dr. Thomas Müller-Bohn, Süsel

Zu den Aufgaben des in Deutschland eingerichteten Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) wird künftig auch die Erstellung von Kosten-Nutzen-Analysen von Arzneimitteln gehören. Über die dafür anzuwendenden Methoden wird derzeit heftig gestritten. In vielen anderen Ländern sind solche pharmakoökonomischen Analysen schon lange alltäglich und dienen als Grundlage für Entscheidungen über Preise und Erstattungsfähigkeit. Eine gute Gelegenheit, sich über den Stand der Entwicklung zu informieren, bot die neunte Europatagung der International Society for Pharmacoeconomics and Outcomes Research (ISPOR) vom 29. bis 31. Oktober 2006 in Kopenhagen.

Bei vielen Vorträgen und Diskussionsrunden während der Tagung wurde die große Selbstverständlichkeit deutlich, mit der die behördliche Überprüfung der pharmakoökonomischen Bewertung von Arzneimitteln mittlerweile in vielen Ländern hingenommen wird, auch von der Industrie.

Deutlich wurde aber auch, wie konstruktiv der Dialog zwischen Behörden und Industrie dort meistens geführt wird, was als Voraussetzung für sinnvolle Analysen und Entscheidungen gelten kann. Trotz vieler Gemeinsamkeiten in der grundsätzlichen Vorgehensweise bestehen zwischen den Ländern beachtliche Unterschiede in Detailregelungen.

Behördenpraxis in Europa

Bei der Tagung in Kopenhagen wurden insbesondere Einblicke in die skandinavischen Systeme vermittelt. In Schweden gilt ein sehr formales und zugleich transparentes System. In Dänemark, Schweden und Finnland werden die Entscheidungen auf der technokratischen Ebene gefällt, während in Norwegen offenbar die öffentliche politische Auseinandersetzung beabsichtigt ist.

Audun Hågå aus dem norwegischen Gesundheitsministerium erklärte, dass die norwegische Regierung sich für ein begrenztes Gesundheitsbudget entschieden habe, obwohl der Staat über enorme Finanzreserven verfügt. Da die Gesundheitsausgaben langfristig schneller als das Bruttosozialprodukt steigen würden, müsse eine dauerhafte Lösung gefunden werden.

Eine Besonderheit in Norwegen stellt die Möglichkeit zu individuellen Entscheidungen über die Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln dar. Dies wurde jedoch wegen des dafür notwendigen hohen bürokratischen Aufwandes kritisiert.

Am National Institute for Clinical Excellence (NICE), das für den National Health Service in England und Wales zuständig ist, wurde im November 2005 der „Single Technology Assessment Process“ (STA) als vereinfachtes Bewertungsverfahren eingeführt, um die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit neuer Therapieverfahren und Arzneimittel zu beschleunigen. Damit können Arzneimittel für eine eng begrenzte Indikation bewertet werden.

Ausgehend von der pharmakoökonomischen Bewertung des jeweiligen Herstellers wird innerhalb von sieben Monaten eine Entscheidung gefällt. Das Verfahren verlangt dem Institut, den Herstellern und den einbezogenen externen Experten ein straffes Zeitmanagement ab.

Entwicklung der Methoden


Auf der wissenschaftlichen Ebene setzt sich die Diskussion über die Rechtfertigung eines Schwellenwertes für Kosten-Nutzwert-Analysen fort. Als Maß für die Messung gesundheitsbezogener Ergebnisse (Outcomes) von medizinischen Maßnahmen wird häufig das QALY (Quality Adjusted Life Year), also die Bewertung eines
Lebensjahres in Relation zur Gesundheit, herangezogen.

Obwohl es keine überzeugende ökonomische Begründung dafür gibt, werden 50.000 US-Dollar meist als akzeptabler Wert für ein QALY betrachtet. Es wird vermutet, dass das britische NICE etwa 20.000 bis 30.000 britische Pfund pro QALY akzeptiert, obwohl das NICE selbst leugnet, einen festen Schwellenwert zu benutzen.

In einer Untersuchung des Tufts-New England Medical Center, Boston, USA, wurden 262 Kosten-Nutzwert-Analysen aus den Jahren 2002 und 2003 untersucht. Sie enthielten 657 Kosten-Nutzwert-Berechnungen, von denen 13,5 Prozent dominante Strategien und 79 Prozent Situationen mit höheren Kosten und höheren Outcomes beschrieben. In 64,5 Prozent der Fälle wurden Kosten unter 50.000 US-Dollar für ein zusätzliches QALY ermittelt.

Ein weiterer Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion ist das Design von Studien unter realen Versorgungsbedingungen. Dies dürfte insbesondere in Deutschland interessieren wegen der bislang fehlenden Anerkennung nicht randomisierter Studien mit patientenrelevanten Endpunkten durch das IQWiG. Die Ergebnisse randomisierter klinischer Studien mit ihrer künstlichen Versorgungssituation sind kaum auf reale Anwendungen übertragbar. Dies wird auf internationaler Ebene praktisch nicht bestritten. Unsicherheit besteht allerdings über die angemessene Reaktion auf das Problem und besonders über geeignete Qualitätskriterien für Studien unter Alltagsbedingungen.

Die ISPOR bemüht sich durch die Entwicklung einer Leitlinie, einen Beitrag zur Verbesserung der Qualität von Anwendungsbeobachtungen zu leisten.


Die Europatagung der International Society for Pharmacoeconomics and Outcomes Research (ISPOR) im Oktober 2006 in Kopenhagen bot Gelegenheit, sich über Kosten-Nutzen-Bewertungen von Arzneimitteln auf internationaler Ebene zu informieren. In vielen Ländern dienen pharmakoökonomische Analysen inzwischen als Grundlage für Entscheidungen über Preise und Erstattungsfähigkeit.

Arbeiten zur Dermatologie


Die Dermatologie war wie bei anderen pharmakoökonomischen Tagungen unterrepräsentiert. So wurden dieses Mal keine Forschungsarbeiten zu dermatologischen Themen vorgetragen, aber immerhin einige diesbezügliche Poster präsentiert.

Mehrere Poster von italienischen Autoren, insbesondere aus den Universitäten von Neapel und Mailand, beschäftigten sich mit dem atopischen Ekzem. Ausgehend von der italienischen Costi & Outcomes in Dermatite Atopica (CODA)-Studie wurden direkte und indirekte Kosten der atopischen Dermatitis berechnet und anhand des Lebensqualitätsfragebogens EQ-5D deutliche Effekte auf die Lebensqualität mit signifikanten Verschlechterungen in der Rückfallphase aufgezeigt.

Die Europatagung der International Society for Pharmacoeconomics and Outcomes Research (ISPOR) im Oktober 2006 in Kopenhagen bot Gelegenheit, sich über Kosten-Nutzen-Bewertungen von Arzneimitteln auf internationaler Ebene zu informieren. In vielen Ländern dienen pharmakoökonomische Analysen inzwischen als Grundlage für Entscheidungen über Preise und Erstattungsfähigkeit.

Es wurde eine Korrelation zwischen dem speziell für die Dermatologie konzipierten Lebensqualitätsmaßstab DLQI und der allgemein einsetzbaren visuellen Analogskala des EQ-5D nachgewiesen, allerdings korrelierte der klinische Schweregrad nicht mit dem Wohlbefinden der Patienten. Außerdem wurde die Zahlungsbereitschaft der Eltern atopischer Kinder für verschiedene postulierte Effekte einer Pharmakotherapie in Italien ermittelt.

In einer britischen Kosten-Effektivitäts-Studie von Roberts und Morris wurde der Einsatz von Biologics bei chronischer Plaque-Psoriasis untersucht. Als zusätzliche Kosten pro Respon der mit 75-prozentiger Reduzierung des PASI-Scores im Vergleich zu einer supportiven Therapie wurden für verschiedene Etanercept-Anwendungen zwischen 8.900 und 12.600 britischen Pfund ermittelt, für 1 mg/kg Efalizumab 12.300 und für 5 mg/kg Infliximab 11.300 britische Pfund.

Für die 90-prozentige Reduzierung des PASI-Scores lagen die zusätzlichen Kosten pro Responder mit Etanercept oder Efalizumab bei über 22.000 britischen Pfund oder weit darüber, mit Infliximab bei etwa 15.700 britischen Pfund.

Außerdem verglichen die Autoren die Wirkung von Biologics bei Psoriasis in einer Metaanalyse aus 14 placebokontrollierten Studien der Jahre 2001 bis 2006. Die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit für eine Senkung des PASI-Scores um 75 Prozent beträgt demnach für 5 mg/kg Infliximab 82,9 Prozent, für Etanercept dosisabhängig bis zu 50 Prozent, für 1 mg/kg Efalizumab 29,4 Prozent und für Alefacept 18,2 Prozent.

Machado und Mitarbeiter, Universität Santiago, Chile, präsentierten ein Poster mit einer systematischen Übersicht über sieben Studien zur Pharmakoökonomie und 13 Studien zur Lebensqualität beim malignen Melanom. Demnach wird die Lebensqualität der Patienten stark beeinträchtigt und durch die meisten ntersuchten Therapien auch nicht signifikant verbessert. Die meisten untersuchten Behandlungen boten nach Einschätzung der Autoren keine überzeugenden Kosten-Effektivitäts-Relationen.

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