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  Ausgabe 1 (2009)

Dermokosmetik
Betulin für die Haut

Neue Erkenntnisse zur Galenik, Anwendung und Wirkung


Bericht von Franziska Wartenberg, Stuttgart

Empfindliche Haut verlangt nach Pflegeprodukten, die eine überschaubare Anzahl an Stoffen enthalten und möglichst frei von Emulgatoren, Konservierungsmitteln und anderen potenziell hautschädigenden Komponenten sind. Mit Betulin, einem Triterpen aus dem Birkenkork, ist in den letzten Jahren ein Pflanzeninhaltsstoff in den Focus des wissenschaftlichen Interesses gerückt, der einerseits interessante Wirkungen für die Hautpflege und die topische Dermatotherapie besitzt, und andererseits in der Lage ist, galenische Mehrphasensysteme ohne Zusätze von Emulgatoren zu stabilisieren. Bei einem Seminar der Firma Birken GmbH am 31. März 2009 im Rahmen der 13. GD-Jahrestagung in Heidelberg wurde über neue Erkenntnisse zur Galenik, Anwendung und Wirkung betulinbasierter Externa berichtet.
Der Blick auf die INCI-Liste vieler Hautpflegemittel zeigt, dass darin nicht selten mehr als 20 Substanzen enthalten sind, von denen manche als potenziell hautreizend, barriereschädigend oder kontaktsensibilisierend gelten. Anders ist dies bei den betulinbasierten Externa: Deren Basisformulierung (Imlan® Creme Pur) kommt mit nur drei gut verträglichen Inhaltsstoffen aus (Betulin, Jojabaöl und Wasser).

Stabile Emulsionen ohne
Zusatz von Tensiden
Wie Apothekerin Marta Grysko aus dem Arbeitskreis von Professor Dr. Rolf Daniels, Tübingen, zeigte, lassen sich Emulsionssysteme statt durch grenzflächenaktive Emulgatoren auch mit Hilfe von Feststoffen stabilisieren. Bei diesen bereits seit 100 Jahren bekannten Pickering-Emulsionen muss der Feststoff von beiden Phasen benetzbar sein und unterschiedliche Affinitäten dazu aufweisen. Zudem sollte die Größe der stabilisierenden Partikel mindestens um den Faktor zehn kleiner sein als die gewünschte Tropfengröße.

Wird der betulinbasierte Trockenextrakt in Öl suspendiert, ergibt sich ab einer Konzentration von etwa 2,5 Prozent eine stabile Trübung ohne Sedimentation. Bei höheren Extraktkonzentrationen entsteht ein thixotropes Gel, dessen Fließgrenze etwas unterhalb der von wasserhaltiger hydrophiler Salbe liegt.


Strukturformel von Betulin)

Das Oleogel kann über 60 Prozent Wasser aufnehmen, wobei sich stabile W/O-Emulsionen („Betulsionen“) bilden, die in Tests auch nach dreijähriger Lagerung galenisch und mikrobiologisch stabil blieben. Wie Raman-mikroskopische Aufnahmen belegen (siehe Abbildung Seite 32), lagern sich die Partikel dabei nicht komplett, sondern nur partiell an der Grenzfläche von Wasser und Öl an. Zusätzlich bilden sie im Öl eine Netzstruktur aus. Dadurch wird die Koaleszenz der Wassertröpfchen verhindert und so die Emulsion stabilisiert.

Messungen der Grenzflächenspannung zeigen, dass der betulinbasierte Trockenextrakt nur eine sehr geringe Grenzflächenaktivität aufweist. Im Vergleich zu klassischen Emulgatoren, wie Cholesterol oder Macrogol-(2)-oleylether, die bereits in minimaler Konzentration (0,3 g /100 ml) die Grenzflächenaktivität merklich senken (um 25 mN/m), zeigt der Betulin-Trockenextrakt bei gleicher Menge nur eine geringe Absenkung (um 14 mN/m). Aufgrund dieses Untersuchungsergebnisses sei es zulässig, betulinbasierte W/O-Emulsionen als „tensidfrei“ zu bezeichnen.

Betulin besitzt ein
breites Wirkspektrum
1788 erstmals isoliert und beschrieben, wird das pentazyklische Triterpen Betulin gemeinsam mit Betulinsäure, Lupeol, Erythrodiol und Oleanolsäure über ein patentiertes Herstellungsverfahren aus Birkenkork gewonnen. Der Trockenextrakt enthält rund 80 Prozent Betulin und besitzt ein breites pharmakologisches Wirkspektrum, das
Dr. Melanie Laszczyk, Niefern-Öschelbronn, vorstellte.


Raman-mikroskopische Aufnahme einer betulinbasierten W/O-Emulsion („Betulsion“)

Die Referentin wies vor allem auf die in In-vitro- und in In-vivo-Studien gefundenen antientzündlichen Effekte hin, die je nach Entzündungsstimulus auf unterschiedlichen Mechanismen beruhen. Darüber hinaus wurden für die Triterpene antitumorale, antioxidative, antimykotische, antibakterielle, juckreizlindernde und wundheilungsfördernde Effekte beschrieben.

Laszczyk betonte besonders die differenzierungsfördernde Wirkung der Triterpensäuren auf Keratinozyten. Untersuchungen belegen eine Aufregulation verschiedener Differenzierungsmarker, die im Mausmodell mit einer Regeneration der Epidermis nach Schädigung der Hautbarriere einhergeht. Eine klinische Studie zur Behandlung aktinischer Keratosen ergab nach dreimonatiger regelmäßiger Anwendung einer betulinbasierten Zubereitung Abheilraten von bis zu 64 Prozent.

Barriere regenerierende
und antientzündliche Effekte
Professor Dr. Wolfgang Gehring, Karlsruhe, fand für die Betulin-Basisformulierung (Imlan® Creme Pur) und eine Betulin-Creme mit dreiprozentigem Harnstoffzusatz (Imlan® Creme Plus) in humanexperimentellen Untersuchungen Barriere regenerierende und antientzündliche Effekte. Verfolgt wurde der Einfluss der beiden Formulierungen auf die mittels eines repetitiven Waschvorgangs mit 0,1-prozentiger Natriumlaurylsulfat-Lösung vorgeschädigte Hautbarriere.

Nach einwöchiger Anwendung wurde eine gegenüber unbehandelter Haut signifikante Erhöhung der Hornschichtfeuchtigkeit bei gleichzeitiger Verminderung des transepidermalen Wasserverlustes gemessen. Diese Ergebnisse waren vergleichbar mit der als Kontrolle mit geprüften Wasserhaltigen Hydrophilen Creme NRF.

Die durch den Waschtest hervorgerufene entzündliche Begleitreaktion wurde über die coriale Durchblutung dokumentiert. Im Ergebnis zeigte sich, dass die beiden Betulin-Emulsionen den Blutfluss und damit die Entzündung signifikant rascher normalisierten als die Wasserhaltige Hydrophile Creme NRF.

Hinweise auf Wirksamkeit
gegen Pruritus
Nicht selten geht eine trockene Haut mit mehr oder weniger ausgeprägtem Juckreiz (Pruritus) einher. Bei chronischer Verlaufsform ist nach Ansicht von Professor Dr. Sonja Ständer, Münster, eine topische Therapie angezeigt, um Kratzläsionen und Juckreizknötchen zu behandeln und mögliche auslösende sensorische Rezeptoren zu beeinflussen. Außerdem sollte langfristig eine Chronifizierung des Pruritus auf kutaner Ebene verhindert werden.

Dementsprechend sind in den letzten Jahren verschiedene
Konzepte zur kurz- und langfristigen Juckreizstillung verfolgt worden. Neben Campher, Menthol, Capsaicin und dem Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten Palmitoylethanolamin lindern auch topische Glukokortikoide und Calcineurininhibitoren durch ihre antientzündliche Wirkung pruritische Beschwerden.

In diesem Zusammenhang wird auch Betulin als juckreizstillende und antiinflammatorische Substanz diskutiert. In einer offenen Anwendungsbeobachtung mit 23 Patienten, die Pruritus auf unveränderter Haut aufwiesen, sowie 20 Patienten mit chronischen Kratzläsionen wurde die juckreizstillende Wirkung einer Betulin-Emulsion getestet.

56,5 Prozent der Probanden mit Pruritus auf unveränderter Haut und 70 Prozent derjenigen mit Kratzläsionen sprachen auf die Behandlung an. Der Rückgang von Juckreiz und Kratzläsionen wurde mittels Prurigo-Score und Visueller Analog Skala (VAS) erfasst. Zusammenfassend bewertete Ständer die geprüfte Betulin-Emulsion als eine effektive adjuvante Behandlungsoption gegen Pruritus bei gleichzeitig guter Verträglichkeit.

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