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  Ausgabe 1 (2010)

Dermopharmazie aktuell
Negatives Nutzen/Risiko-Verhältnis

Bufexamac-haltige Arzneimittel dürfen nicht mehr in Verkehr gebracht werden


Bericht von Dr. Joachim Kresken, Viersen

Das nichtsteroidale Antiphlogistikum Bufexamac galt einst als großer Hoffnungsträger für die örtliche Behandlung entzündlicher Hauterkrankungen und als möglicher Ersatz für topische Glukokortikoide. Im Laufe der über 30-jährigen Anwendung stellte sich jedoch heraus, dass die Substanz ein relativ hohes kontaktsensibilisierendes Potenzial besitzt. Da außerdem ihre klinische Wirksamkeit in den beanspruchten Indikationen nie hinreichend belegt werden konnte, hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Bufexamac-haltige Arzneimittel mit einem negativen Nutzen/Risiko-Verhältnis bewertet. Nachdem das BfArM bereits im Jahr 2002 ein Stufenplanverfahren gegen die betroffenen Hersteller eingeleitet hatte, dürfen Bufexamac-haltige Arzneimittel jetzt seit dem 5. Mai 2010 in Deutschland nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Bestätigt wurde die Bewertung des BfArM durch die europäische Zulassungsbehörde, die European Medicines Agency (EMA).
Den betroffenen Herstellern hatte das BfArM bereits im Dezember 2009 mitgeteilt, dass es beabsichtige, die Zulassungen für Bufexamac-haltige Arzneimittel zu widerrufen. Die Hersteller hatten daraufhin im Januar 2010 freiwillig auf die Zulassungen ihrer Präparate verzichtet und das BfArM um eine Abverkaufsfrist bis zum Ende des Jahres 2012 gebeten.

Dieser Bitte ist das BfArM jedoch nicht nachgekommen, nachdem die EMA in einem Gutachten von April 2010 zur gleichen Bewertung wie das BfArM gekommen war. Die EMA hat der EU-Kommission vorgeschlagen, die Zulassungen für Bufexamac-haltige Arzneimittel europaweit zu widerrufen. Da anzunehmen ist, dass die Kommission dem Vorschlag folgen wird, werden Bufexamac-haltige Arzneimittel wohl schon bald in der gesamten EU nicht mehr im Markt verfügbar sein.

Von dem Vermarktungsverbot in Deutschland sind nicht nur Bufexamac-haltige Monopräparate, sondern auch zahlreiche nicht verschreibungspflichtige Kombinationsarzneimittel betroffen, die für die Behandlung von Hämorrhoiden zugelassen waren. Diese nicht verschreibungspflichtigen Präparate hatten mit 75 Prozent aller OTC-Verkäufe eine große Bedeutung im Selbstmedikationsmarkt.

Hohes Sensibilisierungsrisiko
bei umstrittener Wirksamkeit

Das BfArM begründet seine Maßnahmen mit der aktuellen wissenschaftlichen Datenlage. Bis zum Stichtag 30. September 2009 waren allein beim BfArM 445 Fallmeldungen über unerwünschte Wirkungen Bufexamac-haltiger Arzneimittel eingegangen. Der überwiegende Anteil dieser Meldungen bezog sich auf Reaktionen an der Haut im Sinne von Überempfindlichkeitsreaktionen.

Schätzungen zur Häufigkeit allergischer Reaktionen auf Bufexamac werden dadurch erschwert, dass die Symptome der allergischen Reaktionen den Symptomen der Erkrankungen, die mit der Substanz behandelt wurden, sehr ähnlich sind. Deshalb ist es schwierig, zwischen allergischer Reaktion und Therapieversagen zu unterscheiden.

Seitdem Bufexamac im Jahr 1999 in die Standard-Epikutantestreihe aufgenommen wurde, konnten systematische Daten zur Häufigkeit kontaktallergischer Reaktionen erhoben werden. Von circa 40.000 getesteten Patienten zeigten 1,4 Prozent eine Sensibilisierung auf Bufexamac. Die Sensibilisierungsrate lag damit höher als die von allen topischen Glukokortikoiden.

Die Wirksamkeit Bufexamac-haltiger Arzneimittel sieht das BfArM als nicht hinreichend belegt an, weil die wenigen vorliegenden kontrollierten Studien bei oft erheblichen methodischen Mängeln widersprüchliche Ergebnisse gezeigt haben. Während in einigen Studien eine vergleichbare Wirksamkeit wie für bestimmte topische Glukokortikoide gefunden wurde, konnte in anderen Studien keine Überlegenheit gegenüber Placebo festgestellt werden.

Therapierelevante Unterschiede
in Bioäquivalenzstudien

In den wenigen Bioäquivalenzstudien, die bislang mit wirkstoffidentischen topischen Dermatika durchgeführt wurden, zeigten sich beträchtliche Unterschiede zwischen den getesteten Formulierungen. Dies war zum Beispiel in einer Studie mit 11 zur topischen Behandlung des Herpes labialis zugelassenen Aciclovir-Cremes der Fall [5]. Die dort festgestellten Bioverfügbarkeitsunterschiede wurden darauf zurückgeführt, dass in den Vehikeln unterschiedlich hohe Anteile des Penetrationsverstärkers Propylenglykol enthalten waren.

In einer Untersuchung zur Bioverfügbarkeit des topischen Glukokortikoids Prednicarbat wurden ebenfalls therapierelevante Unterschiede zwischen verschiedenen Handelspräparaten gefunden [6]. Da bei dieser Untersuchung selbst zwischen Präparaten mit identischer Zusammensetzung des Vehikels Unterschiede festgestellt wurden, scheint auch das Herstellungsverfahren für die Bioverfügbarkeit des Wirkstoffs eine Rolle zu spielen.

Dieselbe Untersuchung machte deutlich, dass die Resorption von kutan applizierten Arzneistoffen nicht unbedingt proportional zur Freisetzung des Wirkstoffs aus der Grundlage erfolgt. Die gefundenen Unterschiede in der Wirkstoffpenetration von Prednicarbat wurden auf den Metabolismus des Wirkstoffs in der Haut zurückgeführt. Als wesentliche Einflussgröße dafür wird die Geschwindigkeit der in den Keratinozyten stattfindenden Esterhydrolyse an C21 des Steroidgerüstes durch hauteigene Esterasen angesehen [6].

Solche Unterschiede sind, solange keine gegenteiligen Untersuchungsergebnisse vorliegen, auch für andere topische Glukokortikoide zu erwarten, deren OH-Gruppen an C21 und/oder C17 verestert sind. Zur letzteren Gruppe gehört mit Betamethason-17-valerat ein weiterer Wirkstoff, für den in einer vor kurzem veröffentlichten Studie [4] beträchtliche Bioverfügbarkeitsunterschiede zwischen konzentrationsgleichen Formulierungen festgestellt wurden.

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