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GD — Gesellschaft für Dermopharmazie e.V.

   
 

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Ausgabe Oktober 2000

Dermopharmazie aktuell

Berufsdermatosen und Hautschutz
Eine Spezialisierungsmöglichkeit für niedergelassene Hautärzte


Berufsbedingte Hauterkrankungen stellen ein großes sozialmedizinisches Problem dar. Sie verursachen für Arbeitgeber, Unfallversicherungsträger und Krankenkassen Kosten in Milliardenhöhe. Zur Prävention wird die Einführung von Hautschutz-Management-Systemen empfohlen, in die auch der niedergelassene Dermatologe eingebunden ist. Für ihn kann ein Engagement auf diesem außerhalb des GKV-Budgets liegenden Gebietes auch wirtschaftlich interessant sein.




Wenn die Haut tagtäglich im Beruf mit potenziell hautreizenden oder allergisierenden Arbeitsstoffen in Kontakt kommt, kann es insbesondere an den Händen zu einer Schädigung der Hautbarriere und als Folge hiervon zum Auftreten kumulativ-toxischer beziehungsweise allergischer Kontaktekzeme kommen. Hierauf wies Dr. Joachim Kresken, Viersen, in einem Pressegespräch im Rahmen der 4. Jahrestagung der Gesellschaft für Dermopharmazie im Mai 2000 in Freiburg hin. Als Apotheker und Experte für Hautschutz am Arbeitsplatz betonte er, dass eine professionelle Beratung der betroffenen Berufsgruppen erfolgen müsse, um akute und chronische Schädigungen an der Haut zu verhindern.


Kosten durch Berufsdermatosen
in Milliardenhöhe


Dass berufsbedingte Hauterkrankungen nicht zu unterschätzen sind, zeigen die Statistiken der Unfallversicherungsträger. Zehntausende sind jährlich aufgrund von berufsbedingten Hauterkrankungen arbeitsunfähig. Die Kosten, die allein in Deutschland dadurch entstehen, bezifferte Kresken auf weit über eine Milliarde Mark, die von Arbeitgebern, Unfallversicherungsträgern und Krankenkassen aufzubringen seien. Größtenteils seien diese finanziellen Belastungen vermeidbar, wenn mehr professionelle Prävention betrieben würde.
Die Arbeitgeber seien deshalb gefordert, in ihren Betrieben Hautschutz-Management-Systeme einzuführen.

Hautschutz-Management-System —
was ist das?


Was hierunter zu verstehen ist, erläuterte Hans-Jochen Häusler von der Firma Stockhausen GmbH & Co. KG, Krefeld, in einem Gespräch mit DermoTopics. Es handelt sich hierbei um ein adäquat aufeinander abgestimmtes Hautschutzprogramm, das aus speziellen Hautschutzpräparaten zur Anwendung vor der Arbeit, schonenden Hautreinigungsprodukten sowie regenerierenden Hautpflegeprodukten zur Anwendung nach der Arbeit besteht. Hautschutz-Management-Systeme seien für alle Berufsgruppen entwickelt worden, bei denen die Haut (Hände oder auch andere Körperpartien) berufsbedingt mechanischen, chemischen oder bakteriellen Belastungen ausgesetzt sind.


Rechtsgrundlagen:
Arbeitsschutz- und Arbeitssicherheitsgesetz

Zum rechtlichen Hintergrund erläuterte Häusler: „Das Arbeitschutzgesetz schreibt vor, dass jeder Betrieb mit mehr als zehn Beschäftigten eine Gefährdungsanalyse am Arbeitsplatz durchzuführen hat.“ Entsprechende Arbeitschutzmaßnahmen sind daher bindend zu implementieren, wobei ein Hautschutzplan als Bestandteil des Hautschutz-Management-Systems eine nützliche wie sinnvolle Unterstützung darstellt. Das Arbeitssicherheitsgesetz bildet die gesetzliche Grundlage dafür, dass der Arbeitgeber Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen hat. Deren Aufgabe ist es, den Arbeitgeber bei der Auswahl und Erprobung von Hautschutzmitteln zu beraten und auf deren Benutzung zu achten. Dies kann jedoch nicht allein der Disziplin der Arbeitnehmer überlassen bleiben. Aufgrund von Gefährdungsanalysen, die zum Beispiel der Aussendienst der Firma Stockhausen erstellt, werden individuelle Hautschutzpläne, Schulungen sowie Trainings- und Motivationsprogramme auch für Auszubildende angeboten, die regelmäßig im Sinne einer frühzeitigen Sensibilisierung für Präventivmaßnahmen wiederholt werden.




Information zur Honorarabrechnung

Mit dem sogenannten Hautarztverfahren besteht ein Früherkennungsverfahren für berufsbedingte Hauterkrankungen. Wenn der Dermatologe den Eindruck hat, dass zum Beispiel ein Handekzem mit der beruflichen Tätigkeit des Betroffenen in Zusammenhang steht, kann er einen Hautarztbericht erstatten. Ein solcher Bericht wird bislang mit DM 32,— von den Unfallversicherungsträgern honoriert. In Zukunft soll er besser honoriert und auch als Präventionsinstrument eingesetzt werden, indem er zum Beispiel eine Hautschutzberatung beinhaltet. Damit wäre einem Gesamtpräventionskonzept Rechnung getragen.




Welche Rolle spielt der Dermatologe?

Häusler betonte, dass auch die Dermatologen in hohem Maße in dieses Konzept eingebunden seien, da nach nahezu jeder Therapie geeignete Präventionsmaßnahmen durch den niedergelassenen Dermatologen veranlaßt werden müssten. Anders seien langfristige Verbesserungen bei den Betroffenen kaum zu erreichen. Auch wirtschaftlich sei das Konzept für Ärzte wie auch für Apotheker gleichermaßen interessant.




Über das sogenannte BG-Verfahren wird bei der Verschreibung von Hautschutzpräparaten das GKV-Budget des Arztes nicht belastet. „Ein völlig neues Apothekenkonzept der Firma Stockhausen mit Start Mitte nächsten Jahres“, so Häusler, „wird den Dermatologen noch wesentlich stärker in die Zusammenführung von Therapie und Prävention einbinden.“

Was mit einem Hautschutz-Management-System zu erreichen ist, erläuterte Häusler anhand eines Beispiels: In einem metallverarbeitenden Unternehmen mit 180 Mitarbeitern wurde über acht Monate eine Interventionsstudie durchgeführt. Zu Beginn der Studie wurden bei 26 Prozent der Beschäftigten Hautprobleme festgestellt. Nach Abschluß der Studie, für die besonders wirkungsvolle und hautschonende Produkte mit begleitender Schulung und Beratung eingesetzt wurden, reduzierten sich die Hautprobleme auf 8,7 Prozent, das heißt, es kam zu einem Rückgang um mehr als 60 Prozent.

Große Probleme in Feuchtberufen

Warum Berufs- und Umweltdermatosen zunehmen und wie Dermatologen sich diesbezüglich fortbilden können, waren Fragen, auf die DermoTopics Antworten in einen Gespräch mit Professor Dr. med. Thomas L. Diepgen, Universitätsklinikum Heidelberg, Experte für Berufs- und Umweltdermatosen, erhielt. Dass die Inzidenz des Friseurekzems in Bayern bereits auf ein Drittel reduziert werden konnte, sei ein wesentlicher Erfolg der durchgeführten Hautschutzmaßnahmen. Dennoch rangierten die Friseure nach wie vor an der Spitze der Berufsdermatosen, da sie mit besonders potenten Allergenen in Berührung kämen. Es folgten das Bäckerhandwerk, wo nicht nur Hauterkrankungen, sondern auch allergische Atemwegserkrankungen ein Problem darstellten, Metallberufe, Fliesenleger sowie Gesundheitsberufe, wobei hier die Latexsensibilisierung eine große Rolle spiele. Allgemein gesagt seien alle Berufe problematisch, die unter die neue Technische Regel für Gefahrenstoffe, die TRGS-Feuchtarbeit, fielen.

Dazu gehörten Arbeitnehmer, die täglich mehr als zwei Stunden im feuchten Milieu arbeiteten, sich häufig die Hände waschen oder länger als zwei Stunden pro Tag okklusive Schutzhandschuhe tragen müssten. Chirurgen seien zum Beispiel extrem belastet, einerseits durch das Tragen der Handschuhe über mehrere Stunden und andererseits durch die chirurgische Händedesinfektion, die als äußerst irritativ gilt. Betroffen seien 10 bis 20 Prozent aller Beschäftigten in diesen Berufen. Unter den Friseuren seien es sogar 60 Prozent der Berufseinsteiger, die im ersten Lehrjahr Handekzeme unterschiedlicher Ausprägung entwickelten. Einige könnten den Beruf dann nicht weiter ausüben.



Ständiges Augenmerk, so Diepgen, sei auf das sich stetig ändernde Erkrankungsspektrum zu richten. Chromatbedingte Dermatosen waren in den 60er Jahren häufig, seien heutzutage aber weniger zu finden. Auch Formaldehyd spiele keine große Rolle mehr. Dafür seien alternative Konservierungsmittel wie Isothiazolinone zunehmend zum Problem geworden. Stark zugenommen hätten die Abnutzungsdermatosen, die, so räumte Diepgen ein, in früheren Jahren möglicherweise unterschätzt wurden. Seiner Ansicht nach handele es sich bei mindestens 80 Prozent der berufsbedingten Hauterkrankungen um Abnutzungsdermatosen. Da diese leicht in Kontaktallergien mündeten, sei hier ein Schwerpunkt in der Prävention zu setzen.

Arbeitsmedizinische Kenntnisse
sind notwendig


Berufsdermatosen befinden sich in einem ständigen Wandel, dem sich auch der niedergelassene Dermatologe hinsichtlich der Therapie und Sekundärprävention stellen müsse.
Einige Kollegen hätten sich bereits darauf spezialisiert. Die Spezialisierung erfordere insbesondere arbeitsmedizinische Kenntnisse, die in Fortbildungsseminaren der ABD (Arbeitsgemeinschaft für Berufs-und Umweltdermatologie) angeboten würden. Honoriert würden diese Leistungen von den Berufsgenossenschaften, die entsprechende Behandlungsaufträge an Dermatologen erteilten.

Seitens der Arbeitgeber sei die Motivation zur Prävention groß, da ein erheblicher Teil der Arbeitsunfähigkeit durch Hautschutzpläne, Pflegetraining und Schulungen vermieden werden könne. Das Know-How der Dermatologen sei hier jedoch unbedingt nötig, appellierte Diepgen, um noch mehr Aufklärungsarbeit und gezielte Prävention zu betreiben, die seitens der allgemeinen Arbeitsmedizin keinesfalls geleistet werden könne. Professioneller Hautschutz habe sich in großen Unternehmen weitgehend etabliert. Die Ansicht, dass es sich hierbei um „alberne“ Kosmetik handelt, gehöre auch unter den männlichen Arbeitnehmern längst der Vergangenheit an. Dies sei jedoch nicht zuletzt einer intensiven Gesundheitspädagogik seitens der Dermatologie zu verdanken.

Abschließend bemerkte Diepgen, dass die Berufsdermatologie fest in der Dermatologie verankert und zudem weiter ausgebaut werden müsse. Der Dermatologe sollte sich auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin orientieren und in bezug auf Berufskunde, Stoffkunde und Gefährdung weiterbilden. Sinnvoll wäre auch, dass die Dermatologen sich vor Ort in den Betrieben über die Gegebenheiten orientierten um in Kenntnis der Arbeitsplatzsituation und -bedingungen eine noch bessere Betreuung ihrer Patienten sicherzustellen. Wünschenswert sei darüber hinaus, Dermatologen viel stärker als bisher in Vorsorgeuntersuchungen einzubinden, da sie für die Beurteilung berufsbedingter Hautprobleme im individuellen Fall die größte Kompetenz besäßen. (ghw/jk)

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