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Ausgabe Oktober 2000

Dermatika-News

Tacrolismus
Neue Hoffnung bei atopischer Dermatitis


Die Therapie der atopischen Dermatitis mit systemischen und topischen Glukokortikosteroiden ist mit dem Risiko zahlreicher Nebenwirkungen behaftet. Nun hat man mit Tacrolimus ein nichtsteroidales topisches Prinzip entdeckt, das über seine immunmodulatorische Wirkung nicht nur die Erkrankung selbst sehr effektiv beeinflusst, sondern darüber hinaus auch zur Verbesserung der Lebensqualität beiträgt. Tacrolimus stellt somit einen wirklichen Fortschritt in der Behandlung der atopischen Dermatitis dar.

Bei Tacrolimus, das 1984 von der Fujisawa Pharmaceutical Company entdeckt wurde, handelt es sich um ein Makrolid, das als Immunsuppressivum vor allem in der Transplantationsmedizin verwendet wird.
Wie sich gezeigt hat, kann die Substanz aber nicht nur systemisch erfolgreich eingesetzt werden, sondern liefert auch bei topischer Applikation gute Resultate in der Behandlung entzündlicher Dermatosen.

Über seine Erfahrungen mit Tacrolimus bei atopischer Dermatitis berichtete Professor Dr. Sakari Reitamo, Helsinki, bei der 4. Jahrestagung der Gesellschaft für Dermopharmazie, die am 23. und 24. Mai 2000 in Freiburg stattfand. Der Referent bescheinigte der Substanz eine gute Wirksamkeit bei moderater bis schwerer Ausprägung der Erkrankung. Anhand des Fallbeispiels einer Patientin, die seit langer Zeit unter atopischer Dermatitis litt und über Jahre mit Glukokortikosteroiden behandelt wurde, zeigte er auf, dass sich mit Tacrolimus sehr gute Ergebnisse erreichen lassen, von denen man „früher nur träumen konnte.“

Wie sieht nun das Wirkprinzip aus? Tacrolimus besitzt keine spezifischen Rezeptoren an der Zelloberfläche. Es dringt in die Zelle ein und bindet im Zytoplasma der T-Zellen an ein spezifisches „binding protein“. So entsteht ein Komplex, der wiederum Calcineurin bindet. Der auf diese Weise gebildete größere Komplex inhibiert sowohl die Transkription von Zytokinen wie Interleukin 12 als auch die T-Zell-Proliferation. Der bei atopischen Erkrankungen sehr stark erhöhte Serum-IgE-Spiegel wird gesenkt. Außerdem hemmt Tacrolimus die Freisetzung von Histamin und entzündlichen Mediatoren aus Mastzellen und basophilen Granulozyten.

Strukturformel von Tacrolimus


Immunmodulation, keine — suppression


Angesichts der Tatsache, dass es sich bei Tacrolimus um ein Immunsuppressivum handelt, stellt sich natürlich die Frage, ob seine positive Wirkung an der kranken Haut auf Kosten der Sicherheit geht, das heißt, ob eine systemische Immunsuppression nach perkutaner Absorption stattfindet. Oder kommt es vielmehr - wie erhofft - zu einer wirklichen Immunmodulation, die das immunologische Geschehen in die richtigen Spuren zurücklenkt?

Auch wenn bisher aufgrund der ungenügenden Erfahrung endgültige Antworten noch ausstehen, so konnte doch in Langzeitstudien gezeigt werden, dass bei 75 Prozent der Patienten die Substanz im peripheren Blut nicht nachweisbar war; bei den übrigen waren die Spiegel sehr niedrig. Hinzu kommt, dass die Aufnahme des Arzneistoffs in die systemische Zirkulation immer geringer wird, je mehr sich der Hautzustand bessert. Gesunde Haut wird nicht durchdrungen.

Ein klinisches Zeichen für eine systemische Immunsuppression ist der Anstieg der Zahl pigmentierter Nävi, wie man ihn unter Behandlung mit Immunsuppressiva nach Organtranslantationen beobachten kann. In einer über ein Jahr laufenden Studie in Helsinki änderte sich unter Tacrolimus die Anzahl der Nävi nicht.

Dies lässt den Schluss zu, dass keine systemische Immunsuppression stattfindet. In die gleiche Richtung weisen auch Gedächtnis-Antigen-Tests.

Ein bekanntes Problem bei der atopischen Dermatitis stellt die Kolonisation der Hautläsionen mit Staphylococcus aureus dar. Unter Tacrolimus-Behandlung ist eine deutliche Verminderung der Staphylokokken-Kolonien zu verzeichnen. Dieser Effekt, der wiederum auf das Fehlen einer Immunsuppression hinweist, kommt wahrscheinlich durch die Verbesserung der Haut zustande. Für eine direkte antibakterielle Wirkung, die aufgrund der Strukturverwandtschaft mit Erythromycin denkbar wäre, sind die therapeutisch verwendeten Tacrolimus-Konzentrationen vermutlich zu gering.

Keine Hautatrophie


in wesentlicher Vorteil von Tacrolimus gegenüber halogenierten Glukokortikosteroiden liegt darin, dass es zu keiner Verdünnung der Haut kommt. In einer doppelblinden placebokontrollierten Studie wurde Tacrolimus mit Betamethasonvalerat verglichen. Unter dem Steroid kam es zu einer deutlichen Erniedrigung der Kollagensynthese und damit zu einer Abnahme der Hautdicke, während Tacrolimus auf beide Parameter keinen Einfluss zeigte. Weitere Untersuchungen ergaben, dass bei Patienten, die nach Steroidtherapie eine ausgesprochene Atrophie der Haut aufwiesen, nach zwölfmonatiger Behandlung mit Tacrolimus eine deutliche Verminderung der Atrophie und eine Zunahme der Hautdicke zu beobachten waren.

Zusammenfassend betonte Professor Reitamo, dass es sich bei Tacrolimus um einen sehr effektiven Wirkstoff zur Behandlung der atopischen Dermatitis handelt, bei dem die klassischen Nebenwirkungen der halogenierten Glukokortikosteroide nicht auftreten. Sein immunmodulatorisches Prinzip führt nicht nur zu einer Verbesserung des Hautzustandes, sondern auch zu einer Erhöhung der Lebensqualität der Patienten. Damit steht für die Therapie der atopischen Dermatitis eine nebenwirkungsarme Alternative zu den Glukokortikoiden zur Verfügung.

Topisches Tacrolimus ist in Japan unter dem Handelsnamen Protopic® in Form einer Salbe (0,1 %) zugelassen und darf gemäß § 73 (3) AMG auf ärztliche Verschreibung von Apotheken importiert und abgegeben werden. In Europa wurde der Zulassungsantrag im August diesen Jahres bei der europäischen Zulassungsbehörde in London (EMEA) eingereicht. Die Markteinführung in Deutschland erfolgt nach erteilter Zulassung voraussichtlich im ersten Quartal des Jahres 2002.



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