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GD — Gesellschaft für Dermopharmazie e.V.

   
 

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  Ausgabe 1 (2008)

Dermopharmazie aktuell
Nachweis in kontrollierter klinischer Studie

Liposomales Lichtschutzmittel ist wirksam in der Vorbeugung von hellem Hautkrebs


Bericht von Stefanie Fastnacht, Neu-Isenburg, und Dr. Joachim Kresken, Viersen

Als Hauptursache für die seit Jahren weltweit zunehmende Häufigkeit von hellem Hautkrebs gilt die Exposition gegenüber UV-Strahlung. Zum Schutz wird in Kombination mit anderen Maßnahmen die Verwendung von topischen Lichtschutzmitteln empfohlen. Der Nutzen dieser Mittel in der Prävention von nicht-melanozytären Hauttumoren konnte bis vor kurzem jedoch nur aus epidemiologischen Studien abgeleitet werden. Jetzt liegt erstmalig ein Wirksamkeitsnachweis aus einer kontrollierten klinischen Studie vor, die am Hauttumorzentrum der Charité in Berlin durchgeführt wurde. Bei dem geprüften und für wirksam befundenen Produkt handelt es sich um ein liposomales Lichtschutzmittel (Daylong® actinica), das in Deutschland als apothekenexklusives Medizinprodukt vermarktet wird.

Die Ergebnisse der an der Charité durchgeführten Studie wurden von Professor Dr. Eggert Stockfleth bei einem Seminar der Firma Spirig Pharma GmbH am 2. April 2008 im Rahmen der 12. Jahrestagung der Gesellschaft für Dermopharmazie in Berlin präsentiert. Stockfleth ist Leiter des Hauttumorzentrums der Charité und seit kurzem auch Mitglied der Task Force „Licht.Hautkrebs.Prävention“, einer interdisziplinär besetzten Arbeitsgruppe der Gesellschaft für Dermopharmazie, die sich schwerpunktmäßig mit Fragen der Prävention und Therapie von epithelialen Hauttumoren beschäftigt.


Professor Dr. Eggert Stockfleth, Leiter des Hauttumorzentrums am Universitätsklinikum Charité in Berlin, zeigte an Hand von Ergebnissen einer kontrollierten klinischen Studie, dass durch die regelmäßige Verwendung eines liposomalen Lichtschutzmittels hellem Hautkrebs vorgebeugt beziehungsweise dessen Fortschreiten verhindert werden kann.

Vorsitzende und weitere Referenten des Seminars waren Professor Dr. Christian Surber von der Spirig AG in Egerkingen/Schweiz und Professor Dr. Thomas L. Diepgen von der Abteilung Klinische Sozialmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg. Während Surber auf das unterentwickelte Problembewusstsein der Verbraucher im Zusammenhang mit dem UV-Schutz einging und die Anforderungen an optimale Lichtschutzmittel formulierte, stellte Diepgen die berufsdermatologische Bedeutung der hellen Hautkrebsformen dar und bekräftigte die Notwendigkeit von evidenzbasierten Schutzmaßnahmen in diesem Bereich.

Sozialmedizinische Bedeutung
von epithelialen Hauttumoren
Stand in den letzten Jahren vor allem das maligne Melanom, der so genannte „schwarze Hautkrebs“, aufgrund seiner hohen Mortalität im Fokus, so richtet sich die Aufmerksamkeit heute zunehmend auch auf die epithelialen Hauttumore und hier vor allem auf das Basalzellkarzinom, das Plattenepithelkarzinome und die aktinische Keratose als „carcinoma in situ“. Diese Tumoren beziehungsweise ihre Vorstufen zählen heute zu den häufigsten Krebsneuerkrankungen und werden inzwischen allein in Deutschland pro Jahr bei etwa 100.000 bis 120.000 Patienten diagnostiziert.

Als wesentliche Ursachen für die hohe Inzidenz werden das zunehmende Lebensalter und das geänderte Freizeitverhalten angesehen. Wer sein „UV-Konto“ überstrapaziert, erhöht das Risiko, mit fortschreitendem Alter an einem epithelialen Hauttumor zu erkranken. Nach Auffassung von Professor Stockfleth sei es bedenklich, dass inzwischen jede zweite 14-jährige einmal pro Woche ein Sonnenstudio aufsuche und damit schon früh ihr „UV-Konto“ belaste. Professor Surber verglich die im Lauf des Lebens auf die Haut einwirkenden kumulativen UV-Dosen mit einem Schweizer Nummernkonto, allerdings ohne Abheberecht.


Der Pharmazeut Professor Dr. Christian Surber (links) und der Dermatologe Professor Dr. Thomas L. Diepgen waren bei dem Seminar als Vorsitzende und als Referenten tätig. Während Surber die Anforderungen an optimale Lichtschutzmittel formulierte, stellte Diepgen die berufsdermatologische Bedeutung der hellen Hautkrebsformen dar.

Um das öffentliche Bewusstsein für die epithelialen Hauttumore zu stärken, hat die GD Task Force „Licht.Hautkrebs.Prävention“ im März 2003 den laienverständlichen Begriff „Heller Hautkrebs“ geprägt und verbreitet. Die geringe Aufmerksamkeit, die der helle Hautkrebs in der Vergangenheit erfuhr, korrespondiert jedoch nicht mit den dadurch entstehenden Kosten für das Gesundheitssystem.

Letzteres belegt eine vor kurzem veröffentlichte gesundheitsökonomische Studie (Stang A et al, J Eur Acad Dermatol Venereol 20 [2008] 65-72). Danach werden durch die hellen Hautkrebsformen jährlich 105 bis 130 Millionen Euro allein an Krankenhauskosten verursacht. Diese Kosten sind deutlich höher als die Krankenhauskosten für das maligne Melanom, die zwischen 50 und 60 Millionen Euro liegen.

Für die Zukunft ist zu erwarten, dass die Zahl der Diagnosen und damit auch die Kosten für die Behandlung von hellem Hautkrebs weiter ansteigen werden. Dazu wird insbesondere das zum 1. Juli 2008 in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommene Hautkrebsscreening beitragen, das zu einer Abnahme der allgemein als sehr hoch geschätzten Dunkelziffer führen dürfte.

Heller Hautkrebs als Berufskrankheit

Eine von Diepgen und Blome durchgeführte kritische Bewertung aller verfügbaren Studien zeigte, dass für Bauarbeiter, Dachdecker, Landwirte, Müllwerker und andere häufig im Freien tätige Berufsgruppen ein erhöhtes Risiko für Plattenepithelkarzinome, aktinische Keratosen, Morbus Bowen und auch für Basaliome besteht (Dermatol Beruf Umwelt 56 [2008], Nr. 2, 47-56).

Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass für diese UV-bedingten Dermatosen die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Liste der Berufskrankheiten (BK-Liste) gegeben sind und schlagen dafür eine neue Berufserkrankung BK 5103 „Hautkrebs durch berufliche UV-Exposition“ vor. Sollte es zu der vorgeschlagenen Aufnahme in die BK-Liste kommen, werden Schutzmaßnahmen gegen berufsbedingte UV-Belastungen zur gesetzlichen Verpflichtung.


Hochrisikogruppen bedürfen
einer frühzeitigen Intervention

Heller Hautkrebs kann grundsätzlich jeden treffen, doch es gibt auch Hochrisikogruppen. Dazu gehören Immunsupprimierte und hier insbesondere organtransplantierte Patienten, die zwecks Vermeidung einer immunologisch bedingten Abstoßung des transplantierten Organs auf eine Dauermedikation mit systemischen Immunsuppressiva angewiesen sind.

Gemäß Literaturangaben haben Transplantationspatienten im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein 65- bis 250mal höheres Risiko, an lichtexponierten Hautarealen hellen Hautkrebs zu entwickeln. Zudem sind die Tumoren bei diesen Patienten in Folge des sowohl durch die eingenommenen Immunsuppressiva als auch durch die UV-Strahlung herunterregulierten Immunsystems aggressiver und wachsen schneller. Oft treten schon wenige Monate nach der Transplantation erste Läsionen auf.


Übermäßige Einwirkung von UV-Strahlung aus natürlichen oder künstlichen Lichtquellen führt nicht nur zu Sonnenbrand und vorzeitiger Hautalterung, sondern erhöht gleichzeitig das Risiko für hellen Hautkrebs. Das Bewusstsein für diese Gefahr ist jedoch bei vielen Verbrauchern immer noch stark unterentwickelt.

Wegen des erhöhten Hautkrebsrisikos sind Organtransplantierte lebenslang auf wirksame UV-Schutzmaßnahmen angewiesen. Obwohl entsprechend aufgeklärt, meiden viele Betroffene jedoch die regelmäßige Anwendung von topischen Lichtschutzmitteln, da sie diese oft als zu fettig und als kosmetisch nicht akzeptabel empfinden. Der Grund für dieses Missempfinden ist, dass viele Transplantationspatienten als Nebenwirkung der einzunehmenden Immunsuppressiva einen von Seborrhoe, Akne oder Follikulitis gekennzeichneten Hautzustand aufweisen.

Design der durchgeführten
Fallkontrollstudie

In einer Vorstudie wurde zunächst die Anwenderakzeptanz von fünf verschiedenen Lichtschutzmitteln geprüft (alle mit einem Lichtschutzfaktor von größer 50 gegenüber UV-B bei gleichzeitig hohem UV-A-Schutz). Dazu wurden 12 Transplantationspatienten gebeten, ihr favorisiertes Produkt hinsichtlich der kosmetischen Akzeptanz zu benennen. Neun der Befragten sprachen sich für das liposomale Präparat der Firma Spirig aus, das daraufhin in die klinische Studie aufgenommen wurde.

An der Studie nahmen insgesamt 120 Transplantationspatienten teil (jeweils ein Drittel Herz-, Nieren- und Lebertransplantierte), die alle unter einer systemischen Therapie mit Ciclosporin, Tacrolimus oder anderen Immunsuppressiva standen. Die eine Hälfte der Patienten wurde der Interventionsgruppe, die andere der Kontrollgruppe zugewiesen. Beide Gruppen wurden vor Beginn der Studie ausführlich über die Notwendigkeit von UV-Schutzmaßnahmen informiert.

Den Patienten der Interventionsgruppe wurde das liposomale Lichtschutzmittel kostenlos zur Verfügung gestellt mit dem Hinweis, es über einen Zeitraum von 24 Monaten jeden Morgen 30 Minuten vor dem Verlassen des Hauses in einer Menge von zwei Milligramm pro Quadratzentimeter auf alle sonnenexponierten Hautareale aufzutragen.

Die aufgetragene Produktmenge, die Anwendungshäufigkeit sowie alle sonstigen durchgeführten UV-Schutzmaßnahmen wurden von den Patienten dokumentiert. Die verwendeten Produktmengen wurden außerdem durch Zählen der ausgegebenen und Auswiegen der zurückgegebenen Produktbehältnisse kontrolliert. Den Patienten der Kontrollgruppe wurde die Auswahl und Beschaffung von Lichtschutzmitteln selbst überlassen.

Sämtliche Studienteilnehmer stellten sich vierteljährlich zu einem Check-up in der Klinik vor, bei dem alle neu aufgetretenen aktinischen Keratosen, Plattenepithelkarzinome und Basaliome in standardisierten Erhebungsbögen dokumentiert wurden. Während der Studie aufgetretene invasive aktinische Keratosen wurden leitlinienkonform behandelt, aufgetretene Basaliome und Plattenepithelkarzinome wurden chirurgisch entfernt.

Herausragende Ergebnisse
für das Prüfprodukt

Bei der Abschlussuntersuchung nach 24 Monaten wurde bei den Patienten der Interventionsgruppe ein Rückgang der Zahl der aktinischen Keratosen um 53 Prozent gegenüber dem Ausgangsbefund zu Studienbeginn festgestellt. In der Kontrollgruppe stieg die Zahl der gezählten Läsionen dagegen um 43 Prozent an.

Außerdem entwickelten die Patienten der Kontrollgruppe während der Studiendauer acht neue Plattenepithelkarzinome und neun neue Basaliome. Demgegenüber traten in der Interventionsgruppe nur zwei neue Basalzellkarzinome und kein einziges neues Plattenepithelkarzinom auf. Das Neuauftreten der beiden Basaliome erklärte Stockfleth mit der genetischen Disposition, die beim Basaliom neben der UV-Strahlung auch eine Rolle spiele.

Neben dem klinischen Wirksamkeitsnachweis wurde auch die in der Vorstudie gefundene hohe Anwenderakzeptanz des liposomalen Lichtschutzmittels bestätigt. Bei sieben geplanten Anwendungen wurde das Schutzpräparat tatsächlich 5,6-mal pro Woche auf alle UV-exponierten Hautstellen aufgetragen.

In der Zusammenschau zeigten die Studienergebnisse, so das Fazit von Professor Stockfleth, dass das geprüfte liposomale Lichtschutzmittel, in Kombination mit weiteren UV-Schutzmaßnahmen, selbst bei Hochrisikopatienten den verschiedenen Ausprägungen von hellem Hautkrebs vorbeugen beziehungsweise deren Fortschreiten verhindern kann.


Weitere Details zu den Studiendaten

Weitere Details zu der von Professor Stockfleth vorgestellten Studie finden sich in der folgenden Veröffentlichung:

Ulrich C, Degen A, Patel MJ, Stockfleth E:

Sunscreens in organ transplant patients

Nephrol Dial Transplant 23 (2008) 1805-1808



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